Objekt des Monats Juni 2019

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Bei dem Objekt des Monats Juni handelt es sich wieder einen Neuzugang.

Völlig verstaubt und verdreckt steht auf unserem Rollwagen ein Rechner, samt externer Floppy und Drucker im braun und grau gehaltenen Design der frühen 80er. Es ist auf dem ersten Blick nicht zu erkennen, um was für ein Fabrikat es sich hier handelt. Es ist einzig in großen Lettern „BITSY 2“ zu entdecken.

Zudem verwirrt ein Olivetti Kundendienstaufkleber mit einer Service-Nummer auf den Einzelgeräten. Der Rechner wurde uns deshalb als Olivetti Textsystem angeboten.

Das rückseitig angebrachte Typenschild entschlüsselt dann das Rätsel! Fast!

TA dds

Triumpf Adler

 D 8500 Nürnberg Veilhofstr. 6

Mod. BITSY 2 V78229

S.Nr. 1NJ00012

 

 

 

Die Ergebnisse der Internetrecherche sind spärlich, aber doch ausreichend um Licht ins Dunkel zu bringen.

Am Anfang stand die im Nürnberger Raum ansässige Firma Diehl. Sie entwickelte und produzierte hauptsächlich Rüstungsgüter, sowie mechanische Rechenmaschinen, die zu den  Spitzenprodukten ihrer Zeit zählten. Mit dem Übergang zu den elektronischen Rechenmaschinen konnte Diehl 1966 mit der „combitron“ die erste programmierbare Tischrechenmaschine auf der Messe in Hannover vorstellen. Das Aufsehen, das die combitron mit ihrer Leistung erregte, war erheblich.

Die Entwicklung setzte sich in Richtung Bürokommunikation fort. 1973 lief das Modell „alphatronic“in der Serie an, das in idealer Weise die einfache Handhabung eines Tischrechners mit der Leistung eines Kleincomputers vereinte. Für dieses System wurde von Diehl ein eigener Mikroprozessor entwickelt, der wiederum im Auftrag von Diehl bei GI gefertigt wurde.

Am 8. Juni 1979 kündigte die Computerwoche an:

„NÜRNBERG (pi) – Die von Diehl neu entwickelten und auf der Hannover Messe ’79 erstmals vorgestellten Terminal-Computer „dds-1-cs“, „dds-2-cs“ und „dds-3-cs“ sind modulare Systeme, die eine Erfassung und Verarbeitung der anfallenden Daten und Informationen direkt am Arbeitsplatz ermöglichen. Rechner und Hauptspeicher (64 K) basieren auf einem 16-Bit Mikrocomputer in MOS-Technologie.“

Kurz zuvor, 1978, wurden die Diehl-Datensysteme an die Firma Triumpf-Adler in Nürnberg verkauft und mit dem bisherigen Namen und dem Produktions-Programm weitergeführt – daher das „dds“ auf dem Typenschild.

In dieser Zeit ging TA weltweit auf Einkaufstour, um den Wandel von der Schreibmaschine zur EDV nicht zu verpassen. So kauften sie die amerikanische Pertec Computer Corporation.

Als Fußnote ist zu erwähnen: 1976 erwarb Pertec für 6,5 Mio. US-Dollar die Firma MITS, den Hersteller des Altair 8800 Heimcomputers, der als erster PC weltweit gilt. Der Hauptgrund für den Kauf von MITS war die Annahme, so auch in den Besitz des Quellcodes und aller Rechte an Microsoft Basic zu kommen, dessen Grundlagen Bill Gates mit Altair-Basic für MITS entwickelt hatte. Später sollte sich dies jedoch als fataler Irrtum erweisen. In einem Prozess, der heute noch als Musterprozess in diesen Fragen gilt, wurde entschieden, dass der Käufer mit dem Kaufpreis stets nur eine Lizenz zur Nutzung erwirbt, die Exklusivrechte blieben allerdings bei Microsoft. Dies bereitete Microsoft den Weg zu rasantem Wachstum.

1979 folgte die Übernahme der Triumpf-Adler-Werke durch das Volkswagenwerk. 1983 wurde die Firma Diehl-Datensysteme gelöscht. So ist anzunehmen, dass unser Gerät nach 1983 produziert wurde, was auch unsere Bedienungsanleitung mit der Fußnote „Stand September 1983“ bestätigt.

Jetzt fehlt nur noch Olivetti.

Nach jahrelangen herben Verlusten übernahm schließlich Olivetti 1986 die Triumph-Adler AG.

Was haben wir also vor uns?

Ein Bildschirm-Text-System, daher der Name Bitsy. Es war eine weitere Evolutionsstufe in der Welt der Bürokomunikation. Von der mechanischen zur elektronischen Schreibmaschine, weiter zu den Maschinen mit Pufferspeichern und kleinen Displays, entwickelte TA ein Textverarbeitungssystem, das dem Nutzer das Textdokument ganzseitig auf dem Bildschirm darstellt, es editieren, abspeichern und drucken lässt.

So war der Nutzerkreis schnell umrissen: Sekretärinnen, die von der Schreibmaschine auf die Bitsy umsteigen sollten. Die Bedienungsanleitung ging in ihrer Beschreibung auf die frühere Arbeitsweise mit der Schreibmaschine ein, um die Berührungsänste mit der neuen Technik zu zerstreuen.

Auch der Werbeprospekt mit dem Titel „BITSY – Das Bildschirmtextsystem für Karin, Uschi und Inge“ wollte für Vertrauen werben; sowie ein kleiner Leitfaden „Bitsy beisst nicht“. Aber die BITSY-Familie konnte noch mehr bieten. Von der Bitsy Bildschirmschreibmaschine über die Bitsy 1(2) Bildschirmtextsyteme, zum Bitsy 3 Mehrplatz Verbundsystem mit 10Mb/s Datenübertragung.

 

Technische Beschreibung

Das Hauptgerät verfügt über einen schwenkbaren Grüntonmonitor. Rechts neben den Monitor sitzt eine Blende, hinter der ein 5,25“ Floppylaufwerk eingebaut werden konnte. Unsere Bitsy 2 verfügt über ein externes 8“ Doppellaufwerk mit je 1340 KByte Speicherkapazität.

Das Betriebssystem befindet sich auf der Floppy. Mit einem Datenträger konnten bis zu 600 Seiten gespeichert werden. Die Anzeige der verfügbaren Kapazizät stand in der Kopfzeile des Bildschirms. Zugriffssicherung mit Paßwort, Schutz gegen Lesen, Löschen, Bearbeiten. Einschränkung auch für Benutzergruppen. Initialisieren von Disketten war durch den Anwender möglich.

Im Gerät sind, von hinten zugänglich, drei Einschubplatinen:

  • Hauptspeicherplatine mit 64KB RAM (um 16KB erweiterbar)
  • Prozessorplatine mit CPU: TMS9900 (16Bit)
  • Peripherieplatine, mit Paralellportanschlüssen für Drucker und Diskettenlaufwerk.

 

Der Drucker war ein Qume Typenraddrucker mit auswechselbaren Zeichensätzen. Der Rechner in dieser Ausstattung kostete mehr als 35000 DM.

Bildschirmarbeitsplatz mit 8’“ Standartlaufwerk: 23000 DM.

Software: 2000 DM.

Drucker: 10000 DM.

Wo kann der Rechner bestaunt werden?

Wer sich diese Maschine näher anschauen möchte, kann an einem Donnerstag zur Zuse-Vorführung vorbei schauen oder unter Tel. 09131/8527027 einen Termin vereinbaren.

Adresse: RRZE, Martensstraße 1, 1.Stock, Im „ZUSE-Raum“, Zimmer. 1.009

Links:

Computerwoche

Wikipedia

Computermuseum